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Sangharakshita

Buddhistische Praxis

Meditation, Ethik und Weisheit

198 Seiten, kartoniert
ISBN 978-3-929447-15-6
9,50 Euro [D] / 15,50 Euro [A] / 27,40 sFr

Kurzbeschreibung

In kurzen, prägnanten Kapiteln vermittelt dieses Buch einen tiefen Einblick in die buddhistische Lehre und gibt viele nützliche Anregungen für die Praxis im Alltag.
Es beschäftigt sich mit den Hauptpfeilern buddhistischer Praxis: Ethik, Meditation und Weisheit. All diese Bereiche behandelt Sangharakshita in verschiedenen Beiträgen sehr anschaulich und praxisnah. Die Themen reichen von den Kriterien moralischen Verhaltens und dem Prinzip der Gewaltlosigkeit über Kommunikation, verschiedene Meditationsmethoden, die Hauptmerkmale der Existenz bis hin zu Erleuchtung selbst. ebenso geht er auf Fragen ein wie: Was führt zu echtem und dauerhaftem Glück? Wie können Meditation und Achtsamkeit uns dabei helfen? Und auf welche Irrwege können wir geraten?
Wie Wegweiser Buddhismus ist auch dieser Titel als Lesebuch konzipiert

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Hinweise
Der Pfad regelmäßiger und der Pfad unregelmäßiger Schritte

ETHIK

  • Das Kriterium für sittliches Verhalten
  • Die fünf ethischen Vorsätze/Gewaltlosigkeit
  • Das Prinzip der Nicht-Ausbeutung
  • Zufriedenheit
  • Stufen der Kommunikation
  • Gewahrsein oder Bewusstheit

MEDITATION

  • Ein Meditationssystem
  • Die fünf grundlegenden Meditationsmethoden
  • Entfremdetes und integriertes Gewahrsein
  • Die vier "göttlichen Verweilungen"
  • Die Ebenen meditativen Bewusstseins
  • Die Symbolik der fünf Elemente im Stupa
  • Die Stupa-Visualisierung

WEISHEIT

  • Die drei Wesensmerkmale des Daseins
  • Bodhicitta - der "Erleuchtungsgeist"
  • Das Erwachen des "Erleuchtungsgeistes"
  • Erleuchtung, Zeit und Ewigkeit
  • Glück, Unglück und Nirvana
  • Erleuchtung

Anmerkungen, Glossar, Literaturhinweise, Namens- und Sachregister

Autor(en)

Sangharakshita wurde 1925 in London geboren. Nach Kriegsende blieb er in Indien und wanderte mehrere Jahre als 'sadhu' auf den Spuren des Buddha, bis er sich im Grenzgebiet von Indien, Nepal und Tibet niederließ. 20 Jahre lang studierte und praktizierte er dort die Buddha-Lehre in ihren verschiedenen Traditionen. Wieder nach England zurückgekehrt, gründete er 1967 die Freunde des Westlichen Buddhistischen Ordens, eine inzwischen weltweit verbreitete Bewegung, mit dem Westlichen Buddhistischen Orden in ihrem Kern. Sangharakshita gilt als einer der wichtigsten Lehrer im Westen. Seine Bücher sind in 13 Sprachen übersetzt.

Leseprobe

1) ... Das Prinzip der Nicht-Ausbeutung beschränkt sich nicht allein auf den Bereich der Wirtschaft, sondern gilt auch für den psychologischen und sogar den spirituellen Bereich. Man kann es im Grunde auf das gesamte Gebiet persönlicher Beziehungen ausdehnen und ganz besonders sollte es für die engeren und intimeren Beziehungen gelten.
Stellen wir uns einmal vor, wir lernen jemanden kennen, den wir schon bald mögen. Das wirft die Frage auf: Warum mögen wir diesen Menschen? Die Antwort lautet: Weil er oder sie eines unserer Bedürfnisse befriedigt. Möglicherweise ist uns dieses Bedürfnis bewusst, doch meistens bleibt es im Verborgenen. Sofern es unbewusst ist, beginnen wir diese Person zu mögen, ohne so recht zu wissen, warum. Wir können zwar versuchen, uns dessen bewusst zu werden, doch meistens tun wir das nicht. Stattdessen finden wir eine rationale Erklärung und sagen: "Ich mag ihn, weil er freundlich und rücksichtsvoll ist", oder: "Ich mag sie, weil sie wie ich Tiere liebt", oder: "Ich mag ihn, weil er sich auch für Buddhismus interessiert." Doch was wir auch sagen mögen, die tatsächliche Quelle unserer Zuneigung ist meistens etwas ganz anderes. Der Mensch, den wir aus diesem oder jenem Grund zu mögen behaupten, befriedigt ein bestimmtes Bedürfnis in uns, das möglicherweise sehr tief reicht. Es mag sein, dass er oder sie unseren Wunsch nach Aufmerksamkeit erfüllt. Wenn uns jemand die Aufmerksamkeit schenkt, die wir psychologisch gesehen brauchen, dann sagen wir natürlich, dass wir diesen Menschen mögen.
Hat jemand begonnen unsere Bedürfnisse auf solche Art zu befriedigen, dann werden wir diese Beziehung fortsetzen wollen. Denn solange unser Bedürfnis andauert, streben wir nach seiner Befriedigung. Diese können wir am besten sicherstellen, indem wir herausfinden, was jener Mensch benötigt und jenes Bedürfnis dann erfüllen. Genau das tun wir auch meistens, ob bewusst oder unbewusst.
... Auf diese Weise wird der andere Mensch in seiner Bedürfnisbefriedigung von uns abhängig, so wie wir zur Befriedigung unseres Bedürfnisses von ihm abhängig geworden sind. Wir brauchen ihn, um Aufmerksamkeit zu erhalten, er benötigt uns, um Anerkennung zu bekommen. Damit entstehen wechselseitige Abhängigkeit und Ausbeutung, die zusammen das Fundament der meisten zwischenmenschlichen Beziehungen bilden. Es ist, als hätten zwei Menschen einen wechselseitigen, aber größtenteils unbewussten Pakt miteinander geschlossen; bei dem einer zum anderen sagt: "Du gibst mir, was ich brauche, und ich gebe dir, was du brauchst." Keiner der beiden Vertragspartner, stellt in Frage, ob es sich um ein echtes Bedürfnis handelt, dessen Befriedigung sinnvoll ist, oder um ein künstlich Erzeugtes, das mehr schadet als nutzt. Das ganze Geschehen ist mehr oder weniger unbewusst. An dieser Stelle mag man nun fragen: "Sollten wir denn niemals das, was wir brauchen, von einer anderen Person in Anspruch nehmen?" Die Antwort hierauf steht in einem Vers des Dhammapadas, einer der ältesten buddhistischen Schriften:

Die Biene sammelt ihren Nektar,
Doch ohne der Blumen Schönheit
Oder ihren Duft zu stören.
So wandere auch Du als schweigender Weiser.

Wir mögen durchaus annehmen, was wir von einem anderen Menschen benötigen – ob es sich um etwas Materielles, Psychologisches oder Spirituelles handelt. Doch sollen wir es wie eine Biene nehmen, ohne die Blume zu verletzen, d.h. ohne den, der gibt, zu schädigen. Anders gesagt: Wir sollen nehmen, ohne auszubeuten. ...


2) ... Auch nach der begrifflichen Klärung von entfremdetem und integriertem Gewahrsein ist es vielleicht immer noch schwierig, die Begriffe auf unsere tatsächliche Erfahrung anzuwenden. Dabei hilft uns die Vorstellung von drei Ebenen oder Stufen des Erlebens und Gewahrseins.
Die erste ist die Ebene eines Erlebens ohne Gewahrsein. Auf diese Weise leben wir die meiste Zeit. Wir sind glücklich oder traurig, erfahren Schmerz oder Freude, Liebe oder Hass, aber wir wissen nicht wirklich, dass wir diese Dinge erleben, sind ihrer nicht wirklich gewahr. Statt unserer Empfindungen oder Gefühle bewusst zu sein, verlieren wir uns im Erleben. Das ist mit der Formulierung "wir vergessen uns" gemeint, wenn wir wütend sind. Ist die Wut verflogen und haben wir unsere Fassung wiedergewonnen, dann betrachten wir vielleicht den von uns angerichteten Schaden und sagen: "Ich wusste nicht, was ich tat. Ich war nicht bei mir. Ich vergaß mich." Solange wir uns mit diesem Gefühl identifizierten oder gar von ihm "besessen" waren, gab es kein Gewahrsein. Auf dieser ersten Ebene gibt es somit Erleben – daran mangelt es keineswegs -, doch fehlt das Gewahrsein.
Die zweite Ebene ist Gewahrsein ohne Erleben, d.h. entfremdetes Gewahrsein. Wir treten quasi von unserem Erleben zurück, als sei es nicht unser Erleben, sondern irgendetwas, das "dort draußen" geschieht. Auf diese Weise erlebt man seine Gefühle nicht wirklich, sondern man betrachtet sie bloß. Man liebt, ohne in der Liebe zu leben; man hasst, ohne den Hass wirklich zu spüren. Das entfremdete Gewahrsein schaut lediglich von oben auf die Erfahrung herab und behält seinen Standpunkt außerhalb der Erfahrung.
Die dritte Ebene ist Erleben und gleichzeitiges Gewahrsein, d.h. integriertes Gewahrsein. Weil das Gewahrsein integriert ist, neigt das emotionale Erleben hier eher dazu, positiv statt negativ zu sein. Wir erleben und wissen, dass wir erleben. Unser Erleben wird gewissermaßen mit Gewahrsein getränkt und sogar eins mit ihm. Gewahrsein und Erleben sind hier untrennbar miteinander verbunden. Man könnte auch sagen, das Gewahrsein verhilft dem Erleben zu Klarheit, während das Erleben dem Gewahrsein Substanz verleiht. Gewahrsein und Erleben sind miteinander verschmolzen. Es ist nicht wirklich möglich, zwischen beiden eine Linie zu ziehen, die das Erleben auf der einen Seite vom Gewahrsein auf der anderen trennt. Man geht völlig in dem Gefühl auf, d.h. erlebt es tatsächlich, und gleichzeitig ist da auch Gewahrsein, das mit dem Gefühl verbunden ist, ohne sich davon zu unterscheiden. Mit dieser dritten Stufe ist eine viel höhere Bewusstseinsebene erreicht, von der man sich schlecht ein Bild machen kann, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Es ist weniger ein Gewahrsein des Erlebens als ein Gewahrsein mit Erleben, ein Gewahrsein im Erleben, ja sogar ein Gewahrsein inmitten des Erlebens.
... Wie entsteht nun entfremdetes Gewahrsein? Wie kommt es, dass wir uns selbst nicht erleben? In gewissem Ausmaß tragen unsere Lebensbedingungen, besonders die westlichen, dazu bei. Oft kann man hören, dass wir in einem Übergangszeitalter leben - und das trifft durchaus zu. Nicht immer ist zu erkennen, wie jäh und heftig, aber auch, wie potenziell wertvoll der Übergang sich gestaltet. ...
Allerdings sollten wir den Verhältnissen, in denen wir leben, auch nicht zu viel Gewicht beimessen. Vielmehr müssen wir einige der unmittelbareren Ursachen, durch die entfremdetes Gewahrsein entsteht, genauer untersuchen. Es gibt drei Ebenen des Selbst-Gewahrseins: Gewahrsein des Körpers, Gewahrsein der Empfindungen und Gefühle sowie Gewahrsein der Gedanken. In gleicher Weise können wir von drei Ebenen des Erlebens unserer selbst und drei Ebenen des Nicht-Erlebens unserer selbst sprechen. ...


3) ... Bei den meisten, wenn nicht allen unseren Problemen geht es letztlich um unser Glück oder Unglück. Doch was tun wir üblicherweise, wenn es uns aus dem einen oder anderen Grund nicht gut geht? Nur selten fragen wir uns, warum das so ist. Und wenn, dann bleiben unsere Fragen eher oberflächlich, und ebenso sind unsere Antworten, die sich nur an Symptomen oder Äußerlichkeiten orientieren. In der Regel wollen wir diesem Gefühl relativen Unglücks unreflektiert entfliehen. Wir versuchen einfach, aus dieser Verfassung direkt in den entgegengesetzten Zustand des Glücks hinüberzuschwingen. Dabei greifen wir nach einem Objekt oder einer Erfahrung, von der wir meinen, sie verspräche uns das Glück, das wir entbehren und suchen.
Wir versuchen also der Erfahrung von Unglück zu entkommen und das Ziel "Glück" zu erreichen. Wie wir aber wissen, misslingt uns das fast immer. Das ganze Leben hindurch sind wir auf die eine oder andere Weise auf der Suche nach Glück. Niemand will unglücklich sein. Jeder setzt sich Glück zum Ziel und doch erreicht es niemand. Es gibt niemanden, der sagen könnte, er sei so glücklich, dass er nicht noch ein bisschen glücklicher sein könnte. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben, dass unser Leben mehr oder weniger unbehaglich und unbefriedigend ist. Natürlich gibt es auch kurze Glücksmomente und Augenblicke des Frohsinns, die uns zumindest unser Unbehagen und unsere Unzufriedenheit zeitweise vergessen lassen. Dem existenziellen Elend dahinter schauen wir aber nur selten ins Gesicht. Daraus lässt sich die überaus wichtige Erkenntnis ableiten, dass es nur ein Notbehelf für fehlendes Gewahrsein und mangelnde Selbstkenntnis ist, wenn wir uns auf diese Art Ziele setzen. Statt den Grund unseres Unglücklichseins zu verstehen, wenden wir uns davon ab und setzen uns zum Ziel, dass es uns gut gehen soll, als ob wir ihm so entfliehen könnten. Das geschieht automatisch oder quasi instinktiv, ohne dass man sich dabei seiner Gefühle bewusst wäre oder erkennen würde, was einen antreibt und bewegt.
Stattdessen sollten wir versuchen nicht vor uns wegzulaufen, sondern uns zunächst einmal so sein zu lassen, wie wir sind. Wir sollten versuchen viel tiefer als nur verstandesmäßig zu verstehen, warum wir so sind. Wenn wir leiden, sollten wir das annehmen und zu verstehen suchen, warum wir leiden. Wenn wir glücklich sind, können wir auch das annehmen, ohne uns deswegen schuldig zu fühlen und zu fragen, ob es uns zusteht oder womit wir das verdient haben. Auch sollten wir versuchen, die Gründe für unser Glück zu begreifen. Dieses Verstehen darf sich nicht nur auf den Verstand beschränken, sondern es muss sehr weit in die Tiefe unseres Seins reichen. Manche Menschen werden dieses Vordringen in tiefere Schichten oder Momente der Selbsterkenntnis in der Meditation erleben. Meditation bedeutet nicht nur, seinen Geist auf ein Objekt zu richten oder einen bestimmten Gedanken im Geist zu erwägen. Es heißt auch, in die Tiefen des eigenen Geistes vorzudringen und ihn von Grund auf zu erhellen. In der Meditation geht es unter anderem darum, die eigenen Beweggründe aufzudecken, die tief liegenden Ursachen der eigenen Geistesverfassungen wie auch die Gründe für unsere Freuden und unsere Leiden bewusst zu machen. Auf diese Weise wird Gewahrsein wirkliches Wachstum hervorbringen. ...